Diese drei Aurubis-Vorstände müssen gehen

Vorstandschef Roland Harings und zwei weitere Vorstände müssen Aurubis vorzeitig verlassen. Foto: Marcus Brandt/dpa
Ein tödlicher Stickstoff-Unfall, eine millionenschwere Diebstahlsserie und ein lange verborgener Betrug: Die Skandale beim Metallunternehmen haben jetzt Folgen für die Chefetage.
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Hamburg. Nach lange unentdeckten Millionenschäden durch Betrug und Diebstahl bei der Hamburger Aurubis AG müssen Vorstandschef Roland Harings und zwei weitere Vorstände das Unternehmen vorzeitig verlassen. Das gab der Kupfer- und Recyclingspezialist am Dienstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrates bekannt.
„Die drei Vorstandsmitglieder tragen damit den besonderen Herausforderungen der Aurubis im abgelaufenen Geschäftsjahr Rechnung, insbesondere mit Blick auf die schwerwiegenden Betrugs- und Diebstahlsfälle im Werk Hamburg und Vorkommnisse im Bereich der Arbeitssicherheit“, hieß es in der Mitteilung. Im vorigen Jahr waren drei Mitarbeiter bei einem Stickstoff-Austritt bei Aurubis ums Leben gekommen.
Die Fälle von Diebstahl und Betrug waren lange unentdeckt geblieben. Das hatte auch Kritik am Risikomanagement der Unternehmensführung geweckt. Bereits kurz vor Weihnachten hatte der Aufsichtsrat den Vorstand deshalb quasi auf Abruf gestellt. Es sei nicht auszuschließen, dass es zu einer vorzeitigen Trennung von einzelnen oder mehreren Vorstandsmitgliedern komme.
Eine Anwaltskanzlei hat im Auftrag des Aufsichtsrates daraufhin die Verantwortung des Vorstands im Zusammenhang mit den Straftaten untersucht. Auf Basis des Rechtsgutachtens der Kanzlei hat nun „der Aufsichtsrat beschlossen, nach aktuellem Stand von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die drei Vorstandsmitglieder abzusehen.“.
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Diebstahlserie bei Aurubis: 169 Millionen Euro Schaden
Harings, dessen Vertrag eigentlich bis Mitte 2027 lief, hatte sich Mitte Dezember noch zuversichtlich gezeigt, „dass die Untersuchungen ergeben, dass wir hier mit allen Sorgfaltspflichten und mit aller Verantwortung das Unternehmen geführt haben“. Zu Beginn dieser Woche berichtete das Unternehmen dann über „weit fortgeschrittene Gespräche mit drei Vorstandsmitgliedern“ in Bezug auf die vorzeitige Beendigung ihrer Tätigkeit.
Produktionsvorstand Heiko Arnold geht bereits zum 29. Februar, Finanzvorstand Rainer Verhoeven gibt seinen Posten zum 30. Juni ab. Allein die erst Anfang 2023 bestellte und für das aufstrebende Recyclinggeschäft zuständige Vorständin Inge Hofkens (53) behält ihr Vorstandsmandat.
Finanziell besonders schmerzlich war für das Unternehmen ein großangelegter Betrug. Aufgefallen war dieser bei regelmäßigen Überprüfungen des Metallbestands. Es gab erhebliche Abweichungen vom Sollbestand sowie Abweichungen bei Sonderproben bestimmter Recycling-Lieferungen. Aurubis geht davon aus, dass manipulierte Proben mit hohen Gehalten wertvoller Metalle abgegeben wurden, die Lieferungen dann aber deutlich weniger wertvolle Metalle enthielten - wodurch letztlich überhöhte Rechnungen bezahlt wurden.
Aurubis-Diebe vor Gericht: Fredenbecker Drahtzieher gesteht
Die Spuren eines monatelangen Betrugs führen in den Landkreis Stade: 5000 Kilo schwer, 11 Millionen Euro wert - das soll die Beute einer Diebesbande gewesen sein. Der Hauptangeklagte, Mahmut C. aus Fredenbeck, hatte in der vergangenen Woche vor Gericht ein Geständnis abgelegt.
Die vom Gericht zugelassene Anklage wirft vier Männern schweren Bandendiebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei vor, zwei weiteren Beschuldigten Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl. Der Staatsanwalt betonte, dass seine Behörde weiterhin fünf der Angeklagten als mutmaßliche Täter und nur einen als Helfer sieht.
Zwischen Februar 2020 und Januar 2021 sollen die Angeklagten rund 5000 Kilo edelmetallhaltige Zwischen- und Nebenprodukte vom Aurubis-Firmengelände im Stadtteil Veddel abtransportiert haben. Die sogenannten Rohsilberfegsel enthielten nach Angaben der Staatsanwaltschaft um die 85 Prozent Silber, aber auch etwa 3 bis 5 Prozent Gold. Die Rohsilberrückstände entstehen bei Metallrecycling- und Aufbereitungsprozessen.
Die Beute verkauften die Beschuldigten laut Anklage an bislang unbekannte Abnehmer. Beträge von mehreren Hunderttausend Euro sollen bei den Lieferungen jeweils in bar gezahlt worden sein. Ein Großteil des Diebesgutes sei zur Analyse und weiteren Verwendung an metallverarbeitende Betriebe in der türkischen Metropole Istanbul versandt worden, hieß es.