Autofahrer aufgepasst: Winterdienst im Kreis Stade streikt

Bei Glätte wird im Landkreis Stade in der Regel „eine Streurunde“ auf Bundes- und Landesstraßen gefahren. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Ob diese Maßnahme auf Verständnis trifft? Mitten im Kälteeinbruch sind die Beschäftigten im Winterdienst zum Streik aufgerufen. Wann und wo im Berufsverkehr jetzt besondere Vorsicht geboten ist.
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Landkreis. Im Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst ruft die Gewerkschaft Verdi jetzt alle Straßenwärter zum eintägigen Warnstreik auf. Sie sollen an diesem Donnerstag (30. November) ihre Arbeit niederlegen. Davon betroffen ist damit auch der Streudienst des Landesbetriebs im Kreis Stade. Der Streik soll 24 Stunden lang anhalten. Die Landesbehörde ruft Autofahrer deshalb zu besonderer Vorsicht auf.
Es könne regional zu Einschränkungen im Winterdienst auf den Bundes- und Landesstraßen im Kreis kommen, warnt Carolin Selle von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) in Stade. Vor allem in den frühen Morgenstunden dürfte es angesichts der Wetteraussichten glatt werden. Der Winterdienst könne je nach Ausmaß des Streiks nur mit Einschränkungen aktiv werden, mit Verzögerungen sei zu rechnen, so Selle weiter.
Am Mittwochmorgen waren die Hauptstraßen im Landkreis noch größtenteils geräumt und gestreut. Bis Mitternacht sollen die Beschäftigten noch im Einsatz sein, so die Gewerkschaft: „Danach beginnt ab 0 Uhr der geplante Warnstreik.“
Glatte Straßen bei bis zu Minus acht Grad
Befürchtungen, dass es angesichts des aktuellen Wetters flächendeckend zu Schneechaos auf den Straßen kommen könnte, widerspricht Verdi-Sprecher Tobias Morchner auf Nachfrage.
Im Landkreis bleibt das Wetter dabei auch in den kommenden Tagen winterlich. „Es geht winterlich weiter“, sagte eine Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Mittwoch. „Das reißt jetzt so schnell nicht ab.“ Ein Tief sorge für diese winterlichen Verhältnisse.
Die kommende Nacht werde sehr kalt, sagte die Meteorologin weiter. In der Nacht zum Donnerstag ist laut DWD vor allem an der See und in den südlichen Landesteilen leichter Schneefall möglich. Die Tiefstwerte liegen in der Nacht zwischen minus 3 Grad an der Ems, minus 8 Grad im Wendland und auf den Inseln knapp über dem Gefrierpunkt.
Bis zum Wochenende könne es örtlich immer wieder schneien. Man müsse mit glatten Straßen rechnen. „Vorsicht ist da auf jeden Fall geboten.“
Von wegen Winterzauber und Schneevergnügen: Die meisten Deutschen antworteten auf die Frage „Freuen Sie sich auf die kalte Jahreszeit?“: Nein. 44 Prozent der Befragten einer repräsentativen YouGov-Umfrage gaben an, sich nicht auf die kalte Jahreszeit zu freuen, 27 Prozent davon sogar „überhaupt nicht“. Weitere 27 Prozent waren unsicher und konnten dem Winter „teils“ etwas abgewinnen, „teils“ eben auch nicht. Immerhin: 26 Prozent freuten sich über die Wintersaison.
B73 & Co.: Sensible Glättepunkte im Landkreis Straße
Niedersachsenweit sind rund 1200 Straßenwärterinnen und Straßenwärter bei 56 Straßenmeistereien des Landes beschäftigt. Wie viele von ihnen sich an den regionalen Streikaktionen beteiligen, kann die Landesbehörde nicht abschätzen. Gemeinsam mit den vier Straßenmeistereien Bremervörde, Hagen, Otterndorf und Stade betreut der Geschäftsbereich Stade rund 987 Kilometer Bundes- und Landesstraßen, 809 Kilometer begleitende Radwege und 253 Brücken.
Sobald Temperaturen unter 4 Grad fallen, fährt der „Wettermelder“ ab 2 Uhr morgens zu kältesensiblen Stellen wie der Schwingebrücke an der B73 in Stade. Durch Wiesenflächen links und rechts der Brücke und durch den Fakt, dass Brücken schneller auskühlen als Straßen, kann es schnell zu Nebel- und Reifbildung kommen, und damit zu Glätte. Zusätzlich schließt sich der „Wettermelder“ regelmäßig mit der Polizei und den anderen Straßenmeistereien zur aktuellen Wetterlage kurz.

Allein die Straßenmeisterei Stade benötigt im Schnitt 2000 Tonnen Salz für eine Wintersaison. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Auf den Kreisstraßen und im Stadtverkehr ist nämlich die Kreisstraßenmeisterei an den Standorten Bliedersdorf und Drochtersen zuständig. Dort sind die Mitarbeiter in drei Schichten im Einsatz, um die Sicherheit auf den rund 380 Kilometer Kreisstraßen und 270 Kilometern Radwegen zu gewährleisten. Die „Rausgucker“ inspizieren bei einem Wintereinbruch ab 2 Uhr nachts die Lage auf den Kreisstraßen. Um 3 Uhr starten – sofern erforderlich – die Räum- und Streufahrzeuge des Landkreises. Gearbeitet wird in der Regel bis 20 Uhr am Abend. Starke Nachtfröste ab minus 10 Grad können allerdings die Wirkung des Streusalzes auf den Straßen mindern.
Von insgesamt 133 niedersächsischen Salzlagern und vier zentralen Lagern, die die NLStBV betreibt, liegen sieben Salzlager bei den Straßenmeistereien im Geschäftsbereich Stade.
Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst: Das sind die Forderungen
„Die Beschäftigten, die den Laden jeden Tag am Laufen halten, sind sauer, dass es von Seiten der Arbeitgeber bislang keine Reaktion gegeben hat. Deshalb gehen sie am Donnerstag auf die Straßen“, sagt Imke Hennemann-Kreikenbohm, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi. Die Beschäftigten wollen damit in den Verhandlungen zur Tarifrunde der Länder den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Denn auch nach bislang zwei Verhandlungsrunden liegt noch kein Angebot vor.
Verdi fordert für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Tarifgemeinschaft der Länder hatte in der zweiten Verhandlungsrunde hingegen deutlich gemacht, dass sie die Forderungen für viel zu hoch und nicht leistbar hält. Bei der dritten Gesprächsrunde geht es ab dem 7. Dezember in Potsdam in den Verhandlungen für die bundesweit rund 1,1 Millionen Angestellten weiter.
Salzlager im Landkreis Stade gut gefüllt
Wie oft auf Straßen gestreut werden muss, hänge von der Witterung ab, heißt es vom Landesbetrieb: Bei Glätte ist in der Regel „eine Streurunde“ ausreichend. Das entspricht im Falle der Straßenmeisterei Stade durchschnittlich 30 Tonnen Salz für die rund 250 Kilometer zu betreuende Bundes- und Landestraßen. Friederike Wöbse, Leiterin des Geschäftsbereichs Stade, erklärt: „Zusätzlich optimieren die Straßenmeistereien regelmäßig die Mess- und Streutechnik der Winterfahrzeuge, damit nur die notwendige Menge an Salz auf der Straße landet, um die Natur nicht übermäßig zu belasten. Allein die Straßenmeisterei Stade benötigt im Schnitt 2000 Tonnen Salz für eine Wintersaison.“
Für einen funktionierenden Winterdienst braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadt, Landkreis und Land, unter denen die Betreuung des Straßennetzes aus Kreis-, Landes- und Bundesstraßen aufgeteilt ist. So werden beispielsweise Übergänge von Zuständigkeitsbereichen für den Winterdienst temporär angepasst, um Gefahrenpotential zu verringern.
Eric Oehlmann, Präsident der NLStBV, sagt: „Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten für die Sicherheit der Menschen bei Eis und Schnee und zu Zeiten, an denen die meisten Menschen schlafen. Dafür gilt ihnen unser Dank, ohne sie käme das Land im Winter zum Stillstand.“
Glättegefahr: Wer muss Schnee und Eis beseitigen?
Nicht nur auf den Straßen wird bei Schnee und Eis gearbeitet. Auch Grundstückseigentümer müssen ihre Wege freihalten. Kreisbaurätin Madeleine Pönitz hat eine dringende Bitte an die Anlieger: „Der Schnee von Gehwegen gehört nicht auf die Straße, denn die Wirkung des Räumeinsatzes wird damit eingeschränkt. Bei einem zweiten Räumvorgang würde der Schnee dann zu aller Ärger ohnehin wieder auf dem Gehsteig landen.“
Eigentümern eines Grundstücks obliegt die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Sie müssen dafür sorgen, dass das Grundstück, der Eingangsbereich und ans Grundstück angrenzende Gehwege gefahrlos passierbar sind. Und zwar werktags zwischen 7 und 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr, so der Immobilienverband Deutschland (IVD). Dafür sollte der Schnee geräumt und bei Glätte entsprechend gestreut werden - bei Bedarf auch mehrmals am Tag.

Der Schnee von Gehwegen gehört nicht auf die Straße. Foto: Frank Molter/dpa
Werden die Gefahrenstellen nicht beseitigt, machen Eigentümerinnen und Eigentümer sich schadenersatzpflichtig, sollten Passanten stürzen.
Mieterinnen und Mieter sind übrigens ebenfalls oft in der Pflicht - immer dann, wenn Eigentümerinnen und Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht auf die Mietparteien übertragen. Ein prüfender Blick in den Mietvertrag gibt Aufschluss.
Privathaftpflicht schützt bei Schadenersatzforderungen
Passiert tatsächlich etwas, weil Eigentümer oder Mieter ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind, können Privathaftpflichtversicherte mit dem Schutz ihres Anbieters rechnen, so der Bund der Versicherten (BdV). Die Police steht zum einen bei berechtigten Schadenersatzforderungen ein und wehrt andererseits unberechtigte Forderungen ab.
Eigentümerinnen und Eigentümer eines unbebauten Grundstücks oder jene, die die Verkehrssicherungspflicht nicht an ihre Mietparteien übertragen haben, sollten prüfen, ob die Privathaftpflichtversicherung ausreicht. Der BdV weist darauf hin, dass für den umfassenden Schutz in solchen Fällen oft eine separate Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung notwendig ist.
Übrigens: Auch die Beseitigung von möglichen Schneemassen auf dem Dach oder Eiszapfen an Dachvorsprüngen gehört zu den Pflichten von Eigentümerinnen und Mietern, so der IVD. Wo das gefahrlos möglich ist, sollten Betroffene selbst tätig werden. Wenn nicht, können Fachleute helfen - zum Beispiel von einer Dachdeckerfirma.
Kosten für Fremdvergabe sind steuerlich absetzbar
Wer für das Räumen, Streuen oder Eiszapfenbeseitigen einen Dienstleister beauftragt, kann Teile der Kosten von der Steuer absetzen, teilt die Lohnsteuerhilfe Bayern mit. Der Winterdienst gilt als haushaltsnahe Dienstleistung. Berücksichtigt werden in der Steuererklärung allerdings nur 20 Prozent der Kosten, höchstens aber 4000 Euro. Materialkosten für das Streugut müssen selbst getragen werden, absetzbar sind nur Arbeits-, Maschinen- und Fahrtkosten.
Bei Eigentümern, die die Kosten für den Winterdienst über die Nebenkostenabrechnung an ihre Mieter weiterreichen, profitieren ausschließlich die Mieter von der Steuerersparnis.
Wichtig für die Absetzbarkeit: Damit das Finanzamt die Kosten anerkennt, müssen die einzelnen Posten auf der Rechnung gesondert ausgewiesen werden, so die Lohnsteuerhilfe Bayern. Außerdem muss der Rechnungsbetrag überwiesen werden - wer bar zahlt, geht leer aus. (dpa)