Zähl Pixel
Südafrika

G20 trotzt Trump: Geeint gegen Krieg, Krankheit, Armut

Trotz des US-Boykotts kann der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa beim G20-Gipfel in Johannesburg punkten.

Trotz des US-Boykotts kann der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa beim G20-Gipfel in Johannesburg punkten. Foto: Misper Apawu/Pool AP/AP/dpa

Mit dem US-Präsidenten boykottiert das wichtigste Mitglied den ersten G20-Gipfel in Afrika. Dennoch einigt sich die Runde auf ehrgeizige Ziele. Doch was sind die Beschlüsse wert?

Von Kristin Palitza und Jörg Blank, dpa Sonntag, 23.11.2025, 10:25 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Johannesburg. Die G20-Gruppe bekennt sich bei ihrem ersten Gipfel in Afrika zur Zusammenarbeit im Kampf gegen Kriege, Krankheiten, wachsende Ungleichheit und Armut. Als Kontrapunkt zum Boykott durch US-Präsident Donald Trump und dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine betonen die übrigen Staats- und Regierungschefs führender Industrie- und Schwellenländer den Willen, Herausforderungen gemeinsam, friedlich und im Einklang mit dem Völkerrecht zu bewältigen. Selbst China stimmt mit.

Offen bleibt, welches Gewicht die Erklärungen der Gruppe haben, wenn Trump als mächtigstes Mitglied nicht mit am Tisch sitzt. G20-Dokumente sind Absichtserklärungen und rechtlich nicht bindend. Dennoch kann es der Gastgeber, Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, als Erfolg verbuchen, dass sich die Runde überhaupt auf eine Erklärung geeinigt hat.

Präsidentensprecher Vincent Magwenya sagte mit Blick auf die USA: „Wir müssen vorankommen. Wir können uns nicht von einem Land und dessen Launen aufhalten lassen.“ Der Gruppe der G20 gehören 19 Staaten, die Europäische und die Afrikanische Union an. Nächstes Jahr wird der Gipfel von Trump in Miami ausgerichtet.

Ramaphosa wollte den Fokus eigentlich auf die Themen „Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit“ lenken. Die inhaltlichen Debatten in der Wirtschaftsmetropole Johannesburg waren allerdings überschattet von der Suche der Europäer und anderer Teilnehmer nach einer gemeinsamen Haltung zum umstrittenen 28-Punkte-Friedensplan der USA für die Ukraine. 

Nur indirekte Kritik an Russlands Krieg in der Ukraine

Ohne Moskau zu nennen, unterstreicht die G20-Runde, dass alle Staaten gemäß der UN-Charta von der Androhung oder Anwendung von Gewalt absehen müssten, um Gebietsansprüche durchzusetzen. Territoriale Integrität, Souveränität oder politische Unabhängigkeit eines Staates müssen gewahrt bleiben. Zudem wird eine Stärkung der Menschenrechte verlangt. Putin werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. 

Kanzler Friedrich Merz (CDU) bei den Beratungen der G20-Runde in Johannesburg. Auch für ihn wurde der Gipfel durch die Diskussionen über den umstrittenen US-Vorschlag für einen Frieden in der Ukraine überschattet.

Kanzler Friedrich Merz (CDU) bei den Beratungen der G20-Runde in Johannesburg. Auch für ihn wurde der Gipfel durch die Diskussionen über den umstrittenen US-Vorschlag für einen Frieden in der Ukraine überschattet. Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Trump fehlte, weil er Südafrika ohne Beweise vorwirft, dass dort weiße Farmer verfolgt und getötet würden. Südafrika weist die Vorwürfe zurück. Putin und Chinas Präsident Xi Jinping nahmen am Gipfel ebenfalls nicht teil. Deutschland wurde durch Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) vertreten.

Was sagen Nichtregierungsorganisationen? 

Nichtregierungsorganisationen begrüßten, dass in der Erklärung die Bedeutung von Konfliktlösungen auf Grundlage internationalen Rechts unterstrichen hat. Trump wird vorgeworfen, auf Deals zu setzen und internationale Einrichtungen wie die Vereinten Nationen zu übergehen. 

Oxfam lobte, erstmals in der G20-Geschichte sei Ungleichheit als dringliches Thema auf die globale Agenda gesetzt worden. Allerdings kritisierte die Entwicklungsorganisation, dass die Forderung nach einer Besteuerung der Superreichen fehle. Die gemeinnützige Organisation Global Citizen pries die „ehrgeizigen“ Zusagen im Bereich erneuerbare Energien, um deren Ausbau in Afrika zu beschleunigen. Auf dem Kontinent leben noch immer rund 600 Millionen Menschen ohne Strom.

Die Beratungen der G20-Staaten im südafrikanischen Johannesburg standen unter dem Motto „Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit“.

Die Beratungen der G20-Staaten im südafrikanischen Johannesburg standen unter dem Motto „Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit“. Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Wichtige Mineralien und seltene Erden 

Um langfristiges Wirtschaftswachstum zu sichern, wird die verstärkte Erkundung von seltenen und für die Volkswirtschaften wichtigen Mineralien besonders in Entwicklungsländern unterstützt. Transportwege, Märkte und Verarbeitungsstandorte sollen ausgebaut und die Wertschöpfung in mineralreichen Entwicklungsländern verbessert werden. 

Deutschland und Europa versuchen, unabhängiger von China zu werden, das viele der Vorkommen besitzt. Rohstoffe wie seltene Erden werden von der Hightech- und Rüstungsbranche benötigt, aber auch zur Batterieproduktion. Peking hat deren Export beschränkt. 

UN-Sicherheitsrat

Das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen soll nach dem Willen der G20 grundlegend reformiert und so an Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Der Rat soll repräsentativer, effizienter, demokratischer und transparenter werden. Eine erweiterte Zusammensetzung soll sicherstellen, dass auch unter- oder nicht repräsentierte Regionen wie Afrika, Asien-Pazifik, Lateinamerika und die Karibik vertreten sind. 

Klimawandel

Die Runde verpflichtet sich, den Klimawandel durch eine verstärkte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu bekämpfen, um bis etwa 2050 weltweit Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Die Gruppe bekräftigt das in dem Abkommen vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dafür wollen die Staaten auf nationaler Ebene Verpflichtungen vorlegen.

Globaler Süden

Beklagt wird die hohe Verschuldung, die in vielen Entwicklungsländern Wirtschaftswachstum einschränke. Damit würden Investitionen in Infrastruktur, Katastrophenschutz, Gesundheitsversorgung, Bildung und andere Entwicklungsbereiche begrenzt. Wichtig sei dagegen eine nachhaltige Industriepolitik, die kein Land ausschließe. So könnten wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit gestärkt, Wachstum unterstützt und hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel

Die Elefantenflüsterin von Chiang Mai

Lek Chailert ist Thailands Elefantenflüsterin. Mit Liebe, Geduld und sanften Schlafliedern heilt sie nahe Chiang Mai traumatisierte Tierseelen. Zu Besuch bei einer außergewöhnlichen Frau.