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Messer-Attacke

Ibrahim A. soll Gefängnispersonal in Neumünster bedroht haben

Kiel: Serpil Midyatli, SPD-Landtagsabgeordnete und SPD-Landesvorsitzende, und Thomas Losse-Müller, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag Schleswig-Holstein, sitzen während der Landtagssitzung im Landeshaus in einer aktuellen Stunde zum Brokstedt-Attentat. Foto: Marcus Brandt/dpa

Kiel: Serpil Midyatli, SPD-Landtagsabgeordnete und SPD-Landesvorsitzende, und Thomas Losse-Müller, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag Schleswig-Holstein, sitzen während der Landtagssitzung im Landeshaus in einer aktuellen Stunde zum Brokstedt-Attentat. Foto: Marcus Brandt/dpa

Der mutmaßliche Täter von Brokstedt wird erneut Thema im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags. Ibrahim A. soll nach einem Bericht Bedienstete in der JVA Neumünster bedroht haben. Das Justizministerium wehrt sich gegen Kritik.

Mittwoch, 22.02.2023, 18:30 Uhr

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Der mutmaßliche Messerstecher in einem Zug bei Brokstedt hat nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in der Untersuchungshaft in Neumünster regelmäßig Bedienstete bedroht und beschimpft. "Ibrahim A. erscheint aktuell nicht einschätzbar und stellt gleichzeitig durch sein Verhalten eine erhebliche Bedrohung für die vor Ort eingesetzten Kolleginnen und Kollegen dar", schreibt die Regionalgruppe Justizvollzug in ihrem Informationsblatt "Der Schlüssel". Mehrere Bedienstete hätten sich an die Regionalgruppe gewandt.

Die Beschimpfungen und Bedrohungen werden demnach begleitet von entsprechenden Gesten. "Ibrahim A. ist ein Gefangener, der - aus Perspektive der Bediensteten - einen ganzen Behördenapparat lahm legt", schreibt die Regionalgruppe. Die Behörden seien "mit ihm auf die eine oder andere Art beschäftigt". Ibrahim A. bringe durch sein Verhalten alle anderen Gefangenen gegen sich auf.

Justizminsterium weist Kritik von sich

Ein Sprecher des Justizministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur, "zu einzelnem Vollzugsverhalten nehmen wir grundsätzlich keine Stellung". Der Vorwurf der GdP, es habe eine Weisung aus dem Justizministerium gegeben, die Sicherungsmaßnahmen für Ibrahim A. abzusenken, sei aber falsch. "Es hat keine Weisung der Aufsichtsbehörde gegeben."

Der SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook forderte einen Bericht der Landesregierung in der nächsten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses. "Das beschriebene Verhalten im Vollzug von Ibrahim A. und die angebliche fernmündliche Weisung aus dem Justizministerium zur Herabsetzung der Sicherheitsmaßnahmen der JVA werfen Fragen auf, denen wir als Parlament nachgehen müssen."

Der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz sagte dpa, "dass Ibrahim A. ein schwieriger und gefährlicher Gefangener ist, wissen wir nicht erst seit gestern". Die Vorfälle müssten im Ausschuss besprochen werden. "Wir werden uns von der Ministerin detailliert berichten lassen, wie sich Ibrahim A. in der JVA Neumünster benimmt und wie man damit umgeht."

Der Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Zug von Kiel nach Hamburg Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei junge Menschen getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt. Erst wenige Tage zuvor war der Mann aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Die Aufarbeitung des Falls erbrachte klare Mängel im Informationsaustausch zwischen Behörden in Hamburg, Kiel und Nordrhein-Westfalen, wo Ibrahim A. jeweils gelebt und auch Straftaten begangen hatte.

Regierung will nach Brokstedt-Attacke Sicherheit in Zügen erhöhen

Nach der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug in Brokstedt hat die Landesregierung erste Schritte für mehr Sicherheit auf den Weg gebracht. "Zukünftig dürfen auch Polizistinnen und Polizisten in Zivil den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) kostenfrei nutzen, wenn sie eine Dienstwaffe bei sich tragen", sagte Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) am Mittwoch im Landtag. "Das kann dafür sorgen, dass sich die Menschen im ÖPNV noch wohler fühlen."

Madsen will auch über mehr Videoüberwachung beraten. "Schon jetzt sind viele Züge mit Videoüberwachung ausgestattet." Es sei aber nicht möglich, in jedem Zug zu jeder Tag- und Nachtzeit Zugbegleiter oder Sicherheitspersonal mitfahren lassen zu können. Die Regierung wolle auch den Einsatz von Bodycams prüfen.

Hamburgs Innensenator Andy Grote hatte bereits angekündigt, in der Hanstestadt die Videoüberwachung zu verstärken. In Zügen und auf Bahnhöfen solle die Sicherheit erhöht werden, „unter anderem durch Einführung von Videoüberwachung in Zügen des Regional- und Fernverkehrs“. Außerdem soll eine Ausweitung von Waffenverboten in Zügen und auf Bahnhöfen geprüft werden.

Aufklärung durch Videoüberwachung erhöhen

Der Landtag forderte die Regierung auf, eine Konferenz für mehr Sicherheit im Nahverkehr zu organisieren. SPD und FDP unterstützen die Pläne. Madsen betonte, noch am Mittwoch sei ein Treffen mit Polizei, kommunalen Spitzenverbänden und Datenschützern geplant.

Die CDU-Innenpolitikerin Birte Glißmann sagte, gänzlich könnten solche Taten nicht ausgeschlossen werden. Die objektive Sicherheit, aber auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Reisenden müsse erhöht werden. Dafür reiche eine einzelne Maßnahme nicht.

Videoüberwachung werde schwere Straftaten nicht verhindern können, aber bei deren Aufklärung helfen, sagte der SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook. Sein FDP-Kollege Bernd Buchholz sagte zu den geplanten Waffenverbotszonen: "Wer soll denn das tatsächlich kontrollieren?" Ein Schild hätte den mutmaßlichen Täter wohl nicht abgehalten. Die Tat hätte auch in jedem anderen Zug oder an einem anderen Ort stattfinden können, beispielsweise im Kieler Rathaus, in einem Supermarkt oder auf dem Bahnhofsvorplatz.

Der Palästinenser Ibrahim A. soll in einem Zug von Kiel nach Hamburg am 25. Januar Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei Menschen getötet haben. Fünf Menschen wurden verletzt. (dpa/set)

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