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Auf Schockanruf reingefallen: Seniorin übergibt mehrere zehntausend Euro auf Parkplatz in Buxtehude

Senior am Telefon.

2023 verursachten Telefonbetrüger in Niedersachsen Millionenschäden. Foto: Polizeiliche Kriminalprävention

Schockanrufe werden für Senioren im Kreis Stade zunehmend zum Problem. Erneut fällt ein Ehepaar auf falsche Polizisten herein und verliert viel Geld. Ähnliche Fälle gibt es in den Nachbarkreisen. Wie Sie die Betrüger stoppen.

Von Redaktion Dienstag, 07.05.2024, 13:45 Uhr

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Landkreis. Ein älteres Ehepaar aus Buxtehude hatte einen Anruf von „Oberkommissarin Steinhagen aus Neu Wulmstorf“ mit einer schockierenden Nachricht erhalten, teilt die Polizei Stade am Dienstag mit.

Die Polizist habe angegeben, dass die Tochter des Paares einen schweren Unfall mit Fahrerflucht verursacht habe und dabei fast jemand getötet worden sei, heißt es.

In dem rund halbstündigen Gespräch schilderte die Frau immer wieder den Sachverhalt und nannte Details, die die Geschichte offenbar glaubhaft wirken ließen.

Anruferin kannte Familien-Details

„Sie nannte unter anderem die Namen der Tochter und der Enkelin“, so Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Auch Informationen zu Geburtstagen kannte die falsche Polizistin. Sie sagte laut des Berichts unter anderem: „Ihre Tochter hat ja auch bald Geburtstag.“

Die Anruferin konnte offenbar auch das dunkle Auto der Tochter beschreiben und im Hintergrund habe man eine Frau weinen gehört. Bohmbach: „Dies sei angeblich die Tochter gewesen.“

Freiheit nur gegen Kaution - „Staatsanwalt“ schaltet sich ein

Nach einiger Zeit habe die Oberkommissarin Steinhagen gesagt, dass man nun aufgrund der Fahrerflucht und weil ein Mensch fast ums Leben gekommen sei, eine Kaution für die Tochter bezahlen müsse.

Die Tochter sei aktuell in Gewahrsam und könne auf Kaution heute schon wieder auf freien Fuß kommen. Die Eltern sollten mehrere zehntausend Euro als Kaution bezahlen. Das Geld würde man in einigen Tagen zurückbekommen. In diesem Teil des Gesprächs habe man auch den „Staatsanwalt Keller“ hinzugerufen.

Ehefrau soll Geld auf Parkplatz in Buxtehude übergeben

Das Telefonat habe die Ehefrau eingeschüchtert. Sie fuhr nach Buxtehude zur Sparkasse, und holte das Geld ab. „Ihr Mann wurde zwischenzeitlich zu Hause am Telefon festgehalten“, sagt Bohmbach.

Gegen 18 Uhr sei es in der Parkstraße auf dem Parkplatz einer Bäckerei zur Geldübergabe gekommen. Dabei habe eine unbekannte Frau wortlos das Geld in Empfang genommen und sei zunächst zu Fuß weggegangen.
Die Frau konnte wie folgt beschrieben werden

  • circa 60 Jahre alt
  • circa 160 cm groß
  • rundliches/volles Gesicht
  • trug zur Tatzeit einen schwarzen Mantel, der bis über die Knie reicht und einen schwarzen Wollhut, den die Polizei als „weich“ beschreibt

Die Polizei sucht jetzt Zeugen, die die „Abholerin“ in Buxtehude gesehen haben oder beobachten konnten, wohin diese gegangen beziehungsweise ist und ob sie möglicherweise in ein Fluchtfahrzeug gestiegen ist.

Hinweise dazu nimmt das Polizeikommissariat Buxtehude unter 0 41 61/64 71 15 entgegen.

„Falsche Polizisten“ kommen in Sittensen nicht weiter

Dubiose Anrufe erhielten am Montag auch zwei Frauen aus Sittensen. Um 8 Uhr klingelte das Telefon bei einer 89-Jährigen. „Der Anrufer stellte sich als Mitarbeiter der Polizei vor und setzte die Seniorin sofort unter Druck“, teilt Heiner van der Werp von der Polizei Rotenburg mit.

Der Mann berichtete demnach von Straftätern, die in der Nähe ihrer Wohnung festgenommen worden seien. Auch für die Angerufene bestünde die Gefahr, Opfer einer ähnlichen Tat zu werden.

Die Masche der Täter: Psychischen Druck aufbauen und gleichzeitig Vertrauen schaffen. „Den Angerufenen wird geraten, ihre Eigentumsverhältnisse in Sicherheit zu bringen, da diese ansonsten bald weg sein könnten“, so van der Werp.

Die „Polizei“ würde kommen und die Wertgegenstände abholen, um sie sicher zu verwahren.Das Telefonat dauerte offenbar fast eine Stunde, dann legte die Seniorin auf. Ein finanzieller Schaden ist ihr nicht entstanden.

Ähnlich erging es einer 65-Jährigen. Mit der gleichen Masche versuchte der falsche Polizist von der Frau Informationen zu bekommen. „Sie ließ sich nicht beirren und beendete sofort das Gespräch“, so van der Werp. Ähnliche Anrufe gab es zuletzt nachts auch in Bremervörde.

So reagieren Sie bei Telefonbetrug richtig

Die Beamten empfehlen: „Geben Sie falschen Polizisten keine Chance für längere Gespräche - legen Sie einfach auf!“ Sollte das nicht möglich sein, fragen Sie parallel bei der Polizei über Notruf 110 nach.

In keinem Fall werden Polizeibeamte und Staatsanwälte ein solches Gespräch per Telefon führen, heißt es weiter. „Die Polizei fordert weder Geld für Strafen noch für Kautionen“, so der Stader Polizeisprecher Rainer Bohmbach.

Man solle unbekannte Personen zudem kein Bargeld geben und Bekannte, Verwandte und Nachbarn über diese Masche informieren. Die Betrüger haben es häufig auf Senioren abgesehen. „Es ist immer tragisch, wenn ältere Leute um ihre Ersparnisse gebracht werden“, so Bohmbach.

Telefonbetrüger verursachen Millionenschaden in Niedersachsen

Gutgläubige oder eingeschüchterte Senioren werden immer wieder Opfer von Telefonbetrügern. Bei diesen handelt es sich mutmaßlich nicht um einzelne wenige Täter, sondern viele Gruppierungen und mitunter international organisierte Kriminalität. Alleine in Niedersachsen verursachten sie 2023 einen Millionenschaden.

Die Täter nutzen die Arglosigkeit und Beeinflussbarkeit der Angerufen aus und erzeugen bei ihnen einen Schockzustand durch die Nachricht, dass Verwandte einen schweren Unfall verursacht hätten oder ihre Adresse auf Einbruchlisten von Kriminellen stehen würden.

Im Vorwege haben die Kriminellen dann vermutlich bereits passende Daten im Internet recherchiert und können diese dann als Legitimation im Gespräch gut verwenden. (lw/pm)

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