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Bei Geldübergabe: 90-Jährige überlistet falschen Polizisten

Ein 40-jähriger Mann aus Bremen konnte vorläufig festgenommen werden. Doch es gibt noch Mittäter.

Ein 40-jähriger Mann aus Bremen konnte vorläufig festgenommen werden. Doch es gibt noch Mittäter. Foto: David Inderlied/dpa

Beinahe täglich werden Schockanrufe angezeigt. In Otterndorf schlug jetzt die Polizei bei einer Geldübergabe zu – auch Dank des Mutes der Seniorin. Was über die Täter bekannt ist.

Von Maren Reese-Winne und Ansgar Schmidgal Mittwoch, 13.03.2024, 13:55 Uhr

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Otterndorf. Die Polizei im Kreis Cuxhaven hat einen mutmaßlichen Betrüger auf frischer Tat in Otterndorf vorläufig festnehmen können. Wie die Polizeiinspektion mitteilte, sei eine 90-jährige Frau aus Otterndorf von dem sogenannten Schockanrufer am Telefon bedrängt worden. Der Mann hatte sich dabei als angeblicher Polizist ausgegeben und dabei mehrfach über lange Zeiträume mit der Seniorin telefoniert. Seine Geschichte: Das Bargeld der Frau, das diese in ihrem Haus verwahrte, sei wegen eines Diebes nicht mehr sicher. Sie solle es der Polizei übergeben.

Um wie viel Geld es ging, teilte Polizeisprecher Stephan Hertz nicht mit. Aber: Die geplante Geldübergabe wurde bei der Polizei angezeigt. Die Beamten hätten sich dazu entschlossen, an dem Termin der Geldübergabe festzuhalten, um so dem Betrüger auf die Schliche zu kommen. Die 90-Jährige bewies Mut und spielte mit.

Geldübergabe in Otterndorf: 40-Jähriger festgenommen

Vor Ort konnte ein 40-jähriger Mann aus Bremen vorläufig festgenommen werden. Die Polizei geht von weiteren Mittätern aus. Wegen fehlender Haftgründe sei der Mann nach der Befragung jedoch wieder entlassen worden. Die weiteren Ermittlungen dauerten an, teilte Hertz mit.

Betrüger am Telefon haben im vergangenen Jahr niedersachsenweit einen Millionenschaden verursacht. Laut Landeskriminalamt (LKA) waren die Täter vor allem mit den Betrugsmaschen als falsche Polizisten und dem Enkeltrick erfolgreich. Der Schaden, den die Kriminellen als falsche Polizisten angerichtet haben, beläuft sich demnach auf eine mittlere siebenstellige Summe. Bei der Masche mit dem Enkeltrick geht das LKA von einer niedrigen siebenstelligen Schadenssumme aus.

Schockanrufe: Was über die Betrüger bekannt ist

Wie schlimm die Situation im Nordwesten wirklich ist, ordnete Carsten Bode, Mitglied des Präventionsteams der Polizeiinspektion Cuxhaven, jüngst ein. Nahezu täglich könne die Polizei die Spur der Betrüger erkennen. Die Anrufe kämen aus Callcentern im Ausland, etwa Polen oder der Türkei. In den ausgesuchten Stadtteilen oder Landstrichen hätten die Banden dann ihre „Läufer“. Die Telefonnummern stammten mutmaßlich aus Zigtausenden im Darknet gekauften Datensätzen.

Meist wird den potenziellen Opfern vorgegaukelt, dass sich enge Familienangehörige in schlimmster Not befänden, oft geht es dabei um hohe Kautionen, die notwendig seien, um diese aus einer Haft zu befreien. Kurz darauf klingelt es unter Umständen schon an der Tür.

Die weitaus meisten Angerufenen legten richtigerweise sofort auf, so Carsten Bode. Dennoch sei es im vergangenen Jahr zu Schäden in erheblicher Höhe gekommen. „In der Wurster Nordseeküste und in Bremerhaven an einem Tag 300.000 Euro“, nannte er ein Beispiel.

Wie Banken Betrugsversuche verhindern können

Es gebe längst Strategien, mit denen Bankangestellte bei Auszahlung am Schalter die möglichen Opfer auf den laufenden Betrug hinweisen könnten. Selbst, wenn die Täter in der Nähe stünden, könne immer noch Alarm ausgelöst und unbemerkt HiIfe erbeten werden.

„Anders ist es allerdings, wenn die Beträge - ohne jede Beteiligung anderer - aus dem Bankschließfach geholt und erst recht, wenn sie zu Hause aufbewahrt werden“, gab Carsten Bode zu bedenken. So wie in einem Fall 80.000 Euro und zwei Kilo Gold, die den Tätern ausgehändigt wurden. In anderen Fällen begleiteten die Betrüger die Senioren bis an den Geldautomaten.

Schockanrufe: Opfer realisieren erst später, was passiert ist

Die Täter seien rhetorisch außerordentlich geschickt, sodass die Opfer meist erst danach wie aus einer Trance erwachten und realisierten, was ihnen gerade widerfahren sei, oft gepaart mit einem großen Schamgefühl. Wie viele Taten gar nicht erst angezeigt würden, bleibe im Dunklen.

Carsten Bodes inständige Bitte: „Bloß nicht versuchen, den Helden zu spielen und sich wie im Fernsehkrimi auf eine fingierte Geldübergabe einlassen - schon gar nicht an der Haustür.“ Die Polizei könne nicht mehr tun, als aufzuklären, zum einen durch Zeitungsberichte und zum anderen durch Vorträge in Seniorengruppen, Sportvereinen und ähnlichen Organisationen.

J
Jochen Mextorf
14.03.202415:15 Uhr

Fehlende Haftgründe. Das gibt es nur in einer Bananen-Republik.

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